Oft berufen Mieter sich darauf, einzelne Positionen einer Betriebskostenabrechnung seien unrichtig. In solchen Fällen stellen sich Fragen, vor allem dann, wenn auf die Rückstände eine Kündigung gestützt werden soll. Inwieweit können also Mieter eine Betriebskostennachzahlung verweigern? Dürfen sie Teile von Nachzahlungsbeträgen oder gar der Vorauszahlungsbeträge zurückbehalten? Wenn ja, wann? Der Bundesgerichtshof (BGH) in diesen Fragen in den letzten Jahren unterschiedliche Urteile gefällt. Grund genug, die Rechtslage hier grundsätzlich aufzuarbeiten.

Seit dem Jahr 2007 galt in Deutschland in Bezug auf Betriebskostenvorauszahlungen eine vermieterfreundliche Rechtsprechung. Der BGH hatte damals mit Urteil vom 28. November 2007 (VIII ZR 145/07) zunächst entschieden, für die Höhe der Betriebskostenvorauszahlungen komme es nicht auf die materielle, d.h. sachliche, Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung an. Die Abrechnung müsse nur formell richtig sein, also die wesentlichen Rechnungsgrößen erkennen lassen. Im letzten Jahr kippte der BGH seine Rechtsprechung mit dem Urteil vom 15. Mai 2012 (VIII ZR 246/11) wieder. Seitdem kann eine Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen nur noch auf eine formell UND materiell richtige Betriebskostenabrechnung gestützt werden.

Aus diesem Urteil ergeben sich für Vermieter zahlreiche Risiken, die sich vor allem im Bereich der Kündigung von Mietverhätnissen drastisch auswirken können. Denn ein Mieter kann die Höhe des kündigungsrelevanten Rückstand unter Umständen damit angreifen, die Betriebskostenvorauszahlungen seien zu hoch angesetzt gewesen. Wann droht also Gefahr? Immer dann, wenn der Mieter Belegeinsicht verlangt hat, ist Vorsicht geboten. Denn der BGH hat mit Urteil vom 18. Juli 2012 (VIII ZR 1/11) entschieden, dass der Mieter in solchen Fällen ein Zurückbhaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB nicht nur hinsichtlich des streitigen Saldobetrages, sondern auch in Höhe der anteiligen Betriebskostenvorauszahlungen gelteng machen kann. Der Mieter kann also nicht nur den umstrittenen Teil der „alten“ Betriebskostenabrechnung, sondern auch den darauf entfallenden Anteil der laufenden Vorauszahlungen einbehalten. Hier können schnell stattliche Summen zustande kommen.

JJP-Tipp: Macht ein Mieter Einwände gegen die Betriebskostenabrechnung geltend, ist Vorsicht geboten. Dem Mieter kann jedenfalls bis zus Ausübung der Belegeinsicht ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des umstrittenen Teils der Betriebskostenabrechnung UND den anteiligen Vorauszahlungsbeträgen zustehen. Dies muss bei der Berechnung des kündigungsrelevanten Rückstands mit einberechnet werden. Darum sollte auf Belegeinsichtsbitten immer zügig reagiert werden, damit der Mieter gezwungen wird, seine Einwände „substantiiert“ (also detailliert) geltend zu machen, um ein weiteres Zurückbehaltungsrecht auszuüben. Hat der Mieter mit Einwänden möglicherweise Recht, sollte die Berechtigung von kündigungsrelevanten Rückständen im Zweifelsfall unter Aussparung der umstrittenen Beträge (einschließlich der umstrittenen Anteile der Vorauszahlungen) genau geprüft werden.